Was genau ist eigentlich der Zugewinnausgleich und wie wird er bei Immobilien berechnet?

Beim Zugewinnausgleich nach einer Scheidung können auch Immobilien eine große Rolle spielen.

Beim Zugewinnausgleich nach einer Scheidung können auch Immobilien eine große Rolle spielen.

Beim Zugewinnausgleich nach einer Scheidung können auch Immobilien eine große Rolle spielen.

Das Thema Zugewinnausgleich wird im Scheidungsfall schnell interessant. Insbesondere sobald eine Immobilie zum Vermögen gehört. Ein Ratgeber, was dabei zu beachten ist.

Da heute im Schnitt jede dritte Ehe wieder geschieden wird, ist es wichtig, sich rechtzeitig auch über solche Themen zu informieren. Einen Zugewinnausgleich kann übrigens nur beantragen, wer in einer Zugewinngemeinschaft gelebt hat. Das trifft erst einmal auf jede Ehe zu, in der nichts anderes durch einen Ehevertrag vereinbart wurde.

Der Zugewinnausgleich tritt allerdings nicht automatisch in Kraft. Anders als der Versorgungsausgleich, der direkt im Scheidungsverfahren festgelegt wird, erfolgt ein Zugewinnausgleich nur auf Antrag.

Was ist der Zugewinnausgleich?

In den meisten Fällen gewinnen Ehepartner in einer Ehe an Vermögen hinzu. Das können Vermögensgegenstände wie hochwertiges Mobiliar oder ein Auto sein. Aber auch Versicherungen, Bankkonten oder eine Immobilie. In einer Zugewinngemeinschaft wird nun bei der Scheidung der Zugewinn an Vermögen aus der Ehe aufgeteilt. Dazu muss das Anfangsvermögen der Partner berechnet werden und anschließend das Endvermögen. Die Differenz zwischen diesen beiden rechnerischen Größen stellt dann den Zugewinn dar. Wichtig: Haben Unverheiratete eine Immobilie erworben, sollten schon früh Vorkehrungen getroffen werden.

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Dieser Zugewinn wird nun halbiert und unter den Ehepartnern aufgeteilt. Der Gesetzgeber geht in Deutschland letztlich davon aus, dass beide Ehepartner zu gleichen Teilen an dem Vermögensaufbau beteiligt waren. Das trifft auch dann zu, wenn nur einer der beiden Ehepartner berufstätig war.

Schon gewusst?

Der Anspruch auf einen Zugewinnausgleich ist ein Geldanspruch. Vonseiten des Gerichts wird eine Summe festgelegt, und die ist entsprechend zu entrichten. Dabei kann nicht die Herausgabe einzelner Vermögensgegenstände verlangt werden.

Um im Fall einer Scheidung einen Zugewinnausgleich durchzuführen, bedarf es einer genauen Vermögensaufstellung. Im Anschluss wird der Gesamtwert des aktuellen Vermögens ermittelt. Einzelne Vermögenspositionen können dabei nicht ausgeglichen werden – zumindest nicht von einem Scheidungsrichter.  

Zugewinnausgleich berechnen – So geht’s

Um eine Zugewinnausgleich Berechnung anstellen zu können, müssen ein Anfangsvermögen und ein Endvermögen bekannt sein. Dann wird für jeden der beiden Partner der Zugewinn während der Ehe berechnet. Das Anfangsvermögen ist das Vermögen, das zum Stichtag der Eheschließung vorlag. Das Endvermögen ist das Vermögen, das am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags vorhanden war. Die Differenz zwischen diesen beiden Werten ist der jeweilige Zugewinn.

Dann wird der Zugewinn beider Partner in einen Bezug zueinander gesetzt. Hat einer der beiden Partner einen Überschuss vor dem anderen, stehen dem Partner mit dem geringeren Zugewinn 50 Prozent dieses Überschusses zu.

Ein Beispiel:

Der Ehemann hatte zu Beginn der Ehe ein Vermögen von 5.000 Euro. Im Laufe der Ehe hat sich das Vermögen des Mannes auf 75.000 Euro erhöht. Die Ehefrau hatte zu Beginn der Ehe ein Vermögen von 14.000 Euro. Ihr Vermögen hat sich im Laufe der Zeit auf 65.000 Euro erhöht.

Im ersten Schritt wird nun der jeweilige Zugewinn ausgerechnet. Der Zugewinn des Mannes beträgt: 75.000 Euro – 5.000 Euro = 70.000 Euro

Der Zugewinn der Frau beträgt:

65.000 Euro – 14.000 Euro = 51.000 Euro

Der Mann hat damit einen Überschuss des Zugewinns. Dieser beträgt:

70.000 Euro – 51.000 Euro = 19.000 Euro

Die Hälfte dieses Überschusses (9.500 Euro) kann die Frau von ihrem Ex-Mann im Rahmen des Zugewinnausgleichs verlangen.

Zugewinnausgleich bei gemeinsamer Immobilie

Ist beim Zugewinnausgleich eine Immobilie im Spiel, gleicht sich das meist für beide Ehepartner aus. Zumindest dann, wenn die Immobilie beiden zu 50 Prozent gehört. Denn in diesem Fall wird sie auch jeweils zu 50 % zum Endvermögen der Partner gerechnet. Hat ein Ehepaar beispielsweise in der Zeit der Ehe eine Immobilie erworben, die zum jetzigen Zeitpunkt einen Wert von 350.000 Euro hat, erhöht sich das Endvermögen bei beiden um jeweils 175.000 Euro.

Anders ist das, wenn einer der beiden als alleiniger Eigentümer im Grundbuch steht. In diesem Fall würde der Wert von 350.000 Euro voll beim Eigentümer der Immobilie zu Buche schlagen und in voller Höhe als Endvermögen angerechnet werden.

Was gehört zum Anfangsvermögen?

Bei einer Eheschließung machen sich die wenigsten Menschen Gedanken über einen Zugewinnausgleich bei einer Scheidung. Dennoch ist es wichtig, zum Zeitpunkt der Eheschließung einen konkreten Überblick über das eigene Vermögen zu haben. Denn nur wenn das eigene Vermögen zum Zeitpunkt der Eheschließung nachgewiesen werden kann, wird es auch als Anfangsvermögen berücksichtigt.

Liegen keine Nachweise über ein Anfangsvermögen vor, wird dieses mit 0,00 Euro festgelegt. Ins Anfangsvermögen fallen sämtliche möglichen Vermögenswerte. Da wären zum Beispiel:

  • Sparbücher
  • Bausparverträge oder andere Sparverträge
  • kapitalbildende Lebensversicherungen (soweit sie nicht in den Versorgungsausgleich einfließen)
  • Immobilien
  • Autos
  • Anderweitige Vermögensgegenstände wie Möbel etc.

Schulden werden ebenfalls zum Anfangsvermögen gezählt. So kann ein Partner auch ein negatives Anfangsvermögen haben, wenn seine Schulden höher sind als seine Vermögenswerte.

Übrigens:

Ein Erbe oder eine Schenkung auch während einer Ehe wirkt sich nicht auf den fälligen Zugewinnausgleich aus. Diese sind ausschließlich für den Partner gedacht, dem sie zuteilwerden und stellen keine gemeinschaftlich erworbene Vermögenserhöhung dar. Aus diesem Grund wird ein Erbe oder eine Schenkung dem Anfangsvermögen zugerechnet. Hat beispielsweise die Ehefrau ein Anfangsvermögen von 10.000 Euro und erbt während der Ehe 40.000 Euro beim Tod ihres Vaters, wird das Anfangsvermögen später auf 50.000 Euro festgesetzt.

Was gehört zum Endvermögen?

Zum Endvermögen gehören alle Vermögenswerte, die zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags an den Partner vorhanden sind. Bestandteile sind hier beispielsweise unter anderem:

  • Das Anfangsvermögen oder was davon übriggeblieben ist
  • Lebensversicherungen (soweit sie nicht in den Versorgungsausgleich eingehen)
  • Sparbücher und Sparverträge
  • Immobilien
  • Fahrzeuge und andere Vermögensgegenstände
  • Vermögen, das aus ererbtem oder geschenktem Vermögen hervorgegangen ist
  • Ein Erbe und eine Schenkung soweit noch vorhanden
  • Uvm.

Auch hier kann es ein negatives Endvermögen geben. Wenn in der Ehe mehr Schulden aufgebaut wurden als Vermögen, kann das Endvermögen eines der beiden Partner negativ sein.

Welche konkreten Folgen hat ein Erbe auf den Zugewinnausgleich

Wie gerade schon ausgeführt, wird ein Erbe oder eine Schenkung dem Anfangsvermögen zugerechnet. Dennoch können sie Auswirkungen auf den fälligen Zugewinnausgleich haben. Wird beispielsweise eine Immobilie im Verlauf einer Ehe vererbt, wirkt sich eine Wertsteigerung auf den Zugewinn aus.

Ein Beispiel:

Der Ehemann hat ein Anfangsvermögen von 10.000 Euro. Im Verlauf der Ehe erbt er eine Immobilie im Wert von 170.000 Euro. Zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages beträgt das Vermögen des Mannes 45.000. Der Wert der geerbten Immobilie ist auf 205.000 Euro angestiegen. Die Ehefrau hatte zum Zeitpunkt der Eheschließung ein Vermögen in Höhe von 2.000 Euro. Sie erhielt im Verlauf der Ehe ebenfalls ein Erbe in Form von Bargeld in Höhe von 40.000 Euro. Dieses hat sich in eine feste Geldanlage angelegt, die zum Zeitpunkt der Zustellung der Scheidungspapiere bei einem Gesamtwert von 52.000 Euro lag. Ihr sonstiges Vermögen beträgt zu diesem Zeitpunkt 14.000 Euro. Daraus ergibt sich die folgende Berechnung:

PersonAnfangsvermögenEndvermögenZugewinnÜberschuss
Ehemann10.000 Euro + 170.000 Euro = 180.000 Euro45.000 + 205.000 Euro = 250.000 Euro250.000 Euro – 180.000 Euro = 70.000 Euro70.000 Euro – 24.000 Euro = 46.000 Euro
Ehefrau2.000 Euro + 40.000 Euro = 42.000 Euro14.000 Euro + 52.000 Euro = 66.000 Euro66.000 Euro – 42.000 Euro = 24.000 Euro 

In diesem Beispiel beträgt der Anspruch auf einen Zugewinnausgleich für die Ehefrau 23.000 Euro (46.000:2).

Welche Rolle spielt der Kraftausgleich (Inflation zwischen Anfangs- und Endvermögen)

Mit dem Kraftausgleich im Rahmen des Zugewinnausgleiches bei Scheidung sollen die Inflation und der damit verbundene Kaufkraftverlust in der Zeit der Ehe abgebildet werden. Aus diesem Grund wird berechnet, welchen Wert das Vermögen, das zum Zeitpunkt der Eheschließend vorhanden war, zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages hätte.

Um dies berechnen zu können, ist eine vergleichsweise komplizierte Formel mit Hilfe der vom Statischen Bundesamt berechneten Verbrauchspreisindizes anzuwenden. Die Formel hierzu lautet:

(Anfangsvermögen x Index zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages) / Index zum Zeitpunkt der Hochzeit = Indexiertes Anfangsvermögen

In der folgenden Liste haben wir einmal die Indizes der Jahre 2000 – 2018 aufgeführt

JahrIndexJahrIndex
200079,9201093,2
200181,5201195,2
200282,6201297,1
200383,5201398,5
200484,9201499,5
200586,22015100
200687,62016100,5
200789,62017102
200891,92018103,8
200992,2  
201093,2  

Ein Beispiel für eine Berechnung des indexierten Anfangsvermögens:

Der Ehemann hatte zum Zeitpunkt der Hochzeit im Jahr 2001 ein Vermögen in Höhe von 25.000 Euro. Zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages im Jahr 2018 beträgt sein Vermögen 52.000 Euro. Der Zugewinn läge damit bei 27.000 Euro.

Nun wird das indexierte Anfangsvermögen errechnet. Die Formel lautet dabei:

(25.000 Euro x 103,8) / 79,9 = 32.478 Euro

Damit liegt der Zugewinn in diesem Fall nur noch bei 52.000 Euro – 32.478 Euro = 19.522 Euro

Welche Grenzen gibt es beim Zugewinnausgleich?

Die Grenze für den Zugewinnausgleich im Fall einer Scheidung ist das tatsächlich vorhandene Vermögen des Partners, der einen Überschuss auszugleichen hätte. Dieses ist im Rahmen der Berechnung des Endvermögens nachzuweisen.

Ist der Ehepartner beispielsweise mit hohen Schulden in die Ehe gegangen und besteht der Zugewinn faktisch nur in der Abtragung der Schulden, ist kein Vermögen vorhanden, mit dem der Zugewinnausgleich gezahlt werden könnte. Der Gesetzgeber sieht nicht vor, dass für einen Zugewinnausgleich Schulden aufgenommen werden müssen.

Wann gibt es keinen Zugewinnausgleich?

Im Fall einer Scheidung spielt der Zugewinn der einzelnen Ehepartner keine Rolle, wenn ein Ehevertrag abgeschlossen wurde. In diesem Fall bestand keine Zugewinngemeinschaft und eine Scheidung führt hier auch nicht zu einem Ausgleichsanspruch.

Schon gewusst?

Wer einen Zugewinnausgleich einklagt, muss sich auf Gerichts- und Anwaltskosten sowie gegebenenfalls auch auf die Kosten für einen Gutachter zur Wertermittlung einstellen. Daher ist es immer erst einmal besser zu versuchen, sich im Guten auf einen Zugewinnausgleich zu einigen. So können Kosten gespart und oftmals auch die Nerven beider Parteien geschont werden.

Fazit

Der Zugewinnausgleich im Fall einer Scheidung soll sicherstellen, dass beide Ehepartner gleichermaßen von dem Vermögen profitieren können, das während einer Ehe gemeinsam aufgebaut wurde. Den konkreten Wert des Zugewinnausgleichs zu errechnen ist nicht ganz einfach. Es gibt allerdings Rechner im Internet, die dies ermöglichen. Ansonsten besteht auch die Möglichkeit, mit den oben aufgeführten Rechenbeispielen und Formeln selbst den fälligen Zugewinnausgleich zu berechnen.

Der Anspruch auf einen Zugewinnausgleich stößt allerdings an Grenzen, wenn der Partner mit dem Überschuss nicht zahlungsfähig ist, weil faktisch kein Vermögen zur Begleichung des Überschusses vorliegt. Ein Erbe ist in seinem ursprünglichen Wert plus Kaufkraftverlust vor dem Zugewinnausgleich geschützt. Das gilt allerdings nicht für Vermögenszuwächse, die durch eine Wertsteigerung des Erbes eingetreten sind.

Anmerkung der Redaktion: Der Autor dieses Textes ist kein Steuerberater und auch kein Rechtsanwalt, sondern Wirtschafts- und Finanzjournalist. Finanzjournalisten ist rechts- und steuerberatende Tätigkeit per Gesetz untersagt. Der Text dient lediglich der Information von Steuerzahlern und (angehenden) Bauherren oder Immobilienkäufern. Eine Beratung oder gar konkrete Empfehlungen enthält der Text nicht. Diese sind auch nicht beabsichtigt. Obwohl die für den Text verwendeten Quellen als zuverlässig gelten, wird keine Garantie für die Richtigkeit übernommen. Die Ausführungen und Erklärung können und sollen das Gespräch mit einem Steuerberater und/oder Rechtsanwalt nicht ersetzen.

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